Österreich ist Song-Contest-Gewinner!!!

  • Ich bin da haltungsmäßig eher in der Richtung von Tom, denn ich weiß nicht, ob jedes Statement, jedes Problem oder eben aktuelle Anlässe immer auf jeder möglichen Bühne passend sind.


    Ein anderes Beispiel: Erinnert ihr euch an die Sexismus-Debatte rund um Rainer Brüderle? Ich bin kein strammer FDP-Wähler, aber ich fand, dass war die zelebrierte öffentliche Demotage eines Mannes.


    Wir können jetzt wirklich hergehen und darüber diskutieren, wie man seine Äußerung deuten kann/soll/muss, ihr als Männer werdet unter Umständen tatsächlich eine andere Deutung haben, man muss den Kontext hinzunehmen und sicher bin ich keine Vorzeige-Feministin, die wegen so einer Äußerung empört bereits das Wut-Plakat schwenkt.
    Aber, mich hat massiv gestört, wie in den kommenden Tagen vermeintlich jede selbsternannte Feministin an die Oberfläche kam, gar der Hashtag "Aufschrei" durch das www geisterte und man doch das Gefühl bekommen musste, in Deutschlad werden Frauen im Minutentakt von jedem 2 Mann sexuell belästigt. Richtig, "sexuell belästigt", die Frauen haben ja nicht einmal den Anstand gehabt zu nuancieren, also wo man sich subjektiv einfach unwohl fühlt, etwas als zweideutig erachtet und wo es wirklich um Belästigung in Richtung Anzüglichkeit oder gar körperlichen Kontakt geht. Ich sage das einmal bewusst platt, als Mann hätte ich beim Lesen das Gefühl gehabt, es wäre besser einer Frau gar nicht erst in die Augen zu sehen, denn das könnte ja schon sexuelle Belästigung sein.


    Und um dem ganzen die Krone aufzusetzen, wurde die sexistische Returkutsche durch alle Talkshows getrieben, in jeder Zeitung gerne auch subtil nur als Zusatz eingebunden und bei einer Literaturdiskussion, bei der ich anwesend war, haben allen Ernstes zwei "Feministinnen" darüber debattiert, ob man literaturgeschichtlich bestimmte Frauenfiguren heute anders einstufen muss und viele männliche Autoren latent bis overt Sexisten gewesen seien. Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen und da kann doch eigentlich weder Mann noch Frau ruhig dabeisitzen und es sich anhören.
    Unabhängig davon, was hat diese Debatte heute und grundsätzlich gebracht? Verhält sich das en gros wirklich anders? Haben wir real messbar deutlich mehr sexuelle Belästigung als andere Staaten?



    Es mag sein, dass will ich nicht nivellieren, dass die Anfänge der Diskussionen gut und gesellschaftlich wichtig gemeint waren, aber durch die Dauer, Medien und thematischen Wirrnisse gegen Ende völlig am Thema vorbeigingen. Und genau da schlage ich dann die Brücke zu Aktivistinnen wie "Femen" mit ihren Auftritten, Outings homosexueller Personen, Demonstrationen wie unser Stuttgart 21, den regelmäßigen WM-Boykottaufrufen und dem ESC.
    Es ist gut und richtig, dass man Demokratie so versteht, sich nicht alles aufdoktrinieren lassen zu müssen und es Wege gibt, sich Gehör zu verschaffen. Menschen gerade aus unseren Wohlstandsländern haben vielleicht sogar die Pflicht sich stärker für Schwächere zu engagieren, aber braucht es da nicht das nötige Fingerspitzengefühl und den Weitblick? Wie würden wir uns im Gegensatz fühlen, wenn fremde Politiker und Menschen herkommen, eines unserer Feste, eine Veranstaltung o.ä. für ihre Bühne nutzen? Das mag im Kern sogar aus ihrer Sicht nachvollziehbar sein, aber würde das Gesamtdeutschland auch so empfinden?



    Ich bin mir ehrlich gesprochen mitunter nicht sicher, ob es in Deutschland nicht mitunter schon ein Gefühl von einer Art Überheblichkeit gibt, dass man die Tendenz verspürt, anderen Leuten, Staaten etc. zu sagen, wie es bei uns ist, wie sie es besser machen sollen usw. Ich erinnere in diesem Zusammenhang an die Wahl der Schweizer und was es da in unseren Zeitungen urplötzlich für eine Anti-Schweiz-Stimmung gab, wie sich die Eidsgenossen doch so kleinbürgerlich verhalten könnten. Kaum einer war zumindest so objektiv die Kerngedanken dahinter zu analysieren. Das gleiche Spiel über eine österreichische Umfrage, ob ein "starker Führer" das Land besser führen könnte. Und zack, reflexhaft holte Deutschland die Keule heraus und stigmatisierte rechte Tendenzen, erinnert, natürlich, an die gemeinsame Vergangenheit und das 3. Reich. Dass es den Österreichern um kein zweites solches Reich geht und ging, wurde nonchalant übertüncht, es war aber wieder einmal scheinbar schön zu belehren und 3 Tage lang geschichtliche Nachhilfe zu geben.



    Natürlich habe ich das überzogen, aber muss es immer so sein, muss man so agieren und alles instrumentalisieren?

  • Angesehen davon hat die Ukraine ihre heutigen Probleme zum großen Teil auch selbst zu verantworten, also wen oder was willst du genau anprangern? Einseitig die bösen Russen? Was ist mit den Amerikanern? Haben die nicht noch mehr ausgefressen? Warum prangert die keiner an? Rein von "der Größe" der Schuld her müssten die eigentlich an erster Stelle stehen wenn es um das Verurteilen geht. Keine Nation der Welt hat mehr Tote zu verantworten.


    Wenn du auf dem Niveau argumentierst dann dürfte bald niemand mehr irgendjemand anders kritisieren. Nur weil auch andere Fehler machen oder Unrecht begehen haben die Russen noch nicht das recht, das auch zu tun. Im übrigen wirst du an vielen Vorgehen von Amerikanern und auch Eu auch von mir reichlich Kritik hören, insbesondere z.B. die Guantanamo Situation und andere Dinge. Das gehört aber schlichtweg nicht hierher, wenn wir darüber reden, das dass, was die Russen da abziehen, die unterste Schublade ist.


    Fakt ist, dass Russland Völkerrecht gebrochen hat. Nun gut, das machen andere auch.
    Fakt ist aber auch, dass Russland bilaterale Verträge mit der Ukraine gebrochen hat. Nun gut, auch das haben andere auch schon gemacht.


    Lassen wir doch zukünftig einfach alle Mörder laufen. Haben andere schließlich auch schon gemacht.


    Zitat

    Wenn mich keiner Ernst nimmt, wie genau soll was bewegt werden?


    Wenn ich niemals Farbe bekenne werde ich auch nie gehört. Natürlich läuft man immer gefahr, dass man irgendwann für seine Aktionen einen bestimmten Stempel bekommt - aber ganz ehrlich, die Gefahr gibt es beim ESC nicht. Da hat einfach mal eine große Menschenmasse völlig unterschiedlicher Leute gezeigt, wie sehr ihnen bestimmte politische Entwicklung stinken - und das finde ich sehr positiv.


    Zitat

    Angesehen davon hat die Ukraine ihre heutigen Probleme zum großen Teil auch selbst zu verantworten


    Die Ukraine hat es selbst zu Verantworten, wenn völkerrechtswidrig ein Nachbarland Truppen ohne Hoheitsabzeichen auf ihr Gebiet sendet? Territoriale Integrität ist etwas, auf das man international vertrauen können muss, sonst brauchen wir keine Politik mehr machen.


    Zitat

    Wenn ich mir so das Gehate der letzten Tage ansehe, dann ist nicht nur in Russland eine gewisse Homophobie zu spüren.


    Du wirst von mir auch viele Wurst-Witze hören können. Das hat allerdings nichts mit Homophobie zu tun, sondern weil ich die Art und Weise, wie sich da jemand schamlos so vermarktet, nicht gut finde. Ich glaube nämlich, dass die Wurst für die meisten Homosexuellen nicht unbedingt positive Signale versendet, so wie sie auftritt.

  • Ich kann schon verstehen wie du es meinst, Netzwerg, und würde auch nicht partout sagen, es ist immer "besser", wenn man sich an vermeintliche Gepflogenheiten, einen festen Rahmen oder politisch-diplomatische Etiquette hält, aber die Frage muss man stellen - wo und wie erhält man für ein Anliegen den größtmöglichen Aufmerksamkeitserfolg?


    Man kann sagen, aufgrund der hohen Einschaltquoten eines ESC erreicht man einmal über 100 Millionen Menschen, die man so nicht über eine Politikdiskussion an einer Uni, einer flappsigen Talkshow im TV oder über einzelne Unterhaltungen im Zug zusammenbekommt. Man könnte auch diskutieren, was passieren würde, hätte man im Internet eine Petition erstellt und alle Zuschauer gebeten, sich via Abstimmung zu beteiligen ( ein Klick, "Like" o.ä.), aber was würde es uns unterm Strich anzeigen?
    Leute könnten aus der Regung, dem Moment heraus abstimmen, es am nächsten Tag schon wieder ganz anders sehen, manche Leute könnten protestieren und sagen, es gehört einfach nicht zum Fokus, Dritte wollen sich nicht lenken/belehren lassen usw. Es wäre wieder nur eine, nicht repräsentative, Umfrage, ein Meinungsbild und würde sofort ins Wanken geraten, wenn man die Stichworte "offiziell", "Parameter" und "Transparenz" ins Spiel bringt. Was für eine Signalwirkung wäre das dann?



    Der "mündige Bürger" soll kritisch sein und nachfragen, bei uns in Ba-Wü setzte der Ministerpräsident Kretschmann die Phrase des "Gehörtwerdens" und ich denke schon, dass man durch besagte Petitionen, Protest uvm. aufmerksam machen kann, aber gehört dazu nicht auch die Verantwortung des rechten Augenmaßes?
    Ein anderes Beispiel, das bei mir im Stadteil anfang des Jahres stattfand. Es gab eine Kommunaldebatte rund um einen bestimmten Stadtteil, der durch Investionen und Bauänderungen belebt werden sollte. Alles war soweit finanziell und planlich geregelt, es war forlglich eigentlich nur eine Informationsveranstaltung, die dann aber komplett aus dem Ruder lief. Drei Aktivisten, Leute aus einem Verein, Vertreter von diversen Gemeinden der nächstgrößeren Landkreise kamen in die Veranstaltung und schwenkten auf das Thema Asylzuwanderung ein. Im Kern wurde unterstellt, unsere Gemeinde täte zu wenig, würde Vorurteile schüren und man würde spezifisch ein Problem mit "Armutszuwanderern" und "muslimischen Gläubigen" haben. Davon abgesehen, dass das weder das Thema des Abends war, es noch dazu inhaltlich komplett falsch war, war die Stimmung binnen sicher 5 Minuten schon derart aufgeheizt, dass man sein eigenes Wort nicht mehr verstehen konnte. Für mein Empfinden war den Leuten durchaus bewusst, dass es am nämlichen Abend nicht um "ihr" Thema ging, das wäre 2 Wochen später im Rahmen einer weiteren Veranstaltung sowieso thematisiert worden, aber es ging um....was? Präsenz zeigen? Sich lautstark bemerkbar machen und zeigen, man hält sich nicht an protokollarische Festlegung? Der "Sache" damit mehr Gewicht verleihen?
    Was auch immer, die Folge war dann eben später das genaue Gegenteil. Der Abend war gelaufen, es gab nicht eine vernünftige Diskussion, indirekt wurden alle Anwesenden als latente Ausländerfeinde tituliert, mich eingeschlossen, und bei der Veranstaltung 2 Wochen später wurden zugesagte Investionen &Co. erst einmal "zur weiteren Prüfung zurückgestellt" (vollständigkeitshalber beigefügt, mittlerweile wurde das Geld freigegeben und alles wird wie besprochen fortgeführt). Ja, das war natürlich eine prompte Retourkutsche und man hätte es anders lösen können, aber darf man sich komplett wundern, wenn es dann überhaupt zu so einer Spirale von Aktion-Reaktion kommt?



    Es gibt Situationen, Ereignisse und Extreme, wo es unbestritten darauf ankommt, Flagge zu bekennen, zu demonstrieren und sich nicht hinter dem eigenen Wohlstand oder auf der Couch zu verkriechen. Wenn es um Menschenrechtsverletzungen, Folter und Katastrophen geht, sind auch wir alle dazu aufgerufen die Stimme zu erheben, zu spenden oder auch nur symbolisch bei einem Marsch teilzunehmen, eine Petition zu unterzeichnen usw. Nur, wenn wir das einmal als Ziel oder gar moralischen Kompass ansetzen, wird man abwägen, wo das anfängt und endet. Das kann nur jeder für sich entscheiden. Der eine wird auch dagegen protestieren, dass eine bestimmte Käferart geschützt werden muss, der andere war nach Fukushima auf den Beinen, wieder einer rührt sich erst, wenn es vor der eigenen Haustür passiert.
    Ich will nicht pauschal unterstellen, dass wir Deutschen verdrossen sind, ich sehe uns auch nicht als Semi-Amerikaner, die durch ständiges Prangern, reale territoriale Eingriffe und Kriege andere Länder kontrollieren/dominieren wollen, doch kann man von keinem verlangen, er solle z.B. bei einem ESC bewusst gegen Russland stimmen, für die Ukraine oder Österreich, wenn dagegen Zustände wie in Nigeria, China und auch Amerika selber hingenommen oder "anders" eingeordnet werden. Ich sage nicht, das ist richtig, aber ist es nicht auch ein wenig so, dass bestimmte Ereignisse instrumentalisiert werden (können), so dass man sich fast genötigt fühlt etwas zu sagen/tun, weil es jetzt eben auch durch die Medien so kollportiert wird/wurde?
    Heute ist es die arme Ukraine und das böse Russland, würde Deutschland von Putin aber im Gegenzug Zusicherungen erhalten, die für uns günstig wären - wie "böse" ist Putin dann noch? Was war nach dem Gazprom-Debakel? Erst war das doch DER Coup des gefühlten Jahrhunderts, dann drohte Putin einmal mit einem Stopp und schon war er der gefühlte Erzfeind aller deutschen Haushalte. Heute wird Gazprom offen von Schalke als Hauptsponsor hoffiert und die Diskussion verläuft nur dahin, wie "schicklich" das im Augenblick ist. Ja, schnöder Mammon regiert eben doch und die Antiptahie/Sympathie steigt bzw. sinkt auch durch die Medien und wie Leute beeinflusst werden (können)...




    Zusammengefasst, es ist mir etwas zu schnell gesagt, wenn man binnem Kurzen klare Lager ausmacht, es ein Denken im Sinne von "gut" und "böse" ist, vielleicht sogar schon mediale Lenkung unterschätzt wird und dann eine Situation in verschiedene andere Diskussionszweige bzw. auf unterschiedlichen Ebenen Einzug hält - ob es passt oder nicht, ob es positiv ist oder nicht, welche Kollateralfolgen es haben kann uvm. Das beziehe ich hier nicht auf dich, Netzwerg, das wird vermutlich auch deutlich (?), ich stelle es einmal als Frage, Hinweis oder reinen Gedanken in den Raum, der nächste Gesprächsteilnehmer kann dann fortfahren.

    • Teambeitrag

    Wenn du auf dem Niveau argumentierst dann dürfte bald niemand mehr irgendjemand anders kritisieren.


    Das hab ich absichtlich so geschrieben um das Problem zu verdeutlichen. Es gibt so viele Probleme, warum sollte man jetzt ausgerechnet anfangen die Ukraine auf dem ESC zu thematisieren? Ich sehe da einfach keinen Sinn darin zumal es noch viele andere, wichtigere Baustellen gibt. Natürlich könnte man jetzt auch sagen, warum nicht? Ich bin nur einfach nach wie vor der Meinung das es auf dieser Bühne einfach nichts bringt.


    Da hat einfach mal eine große Menschenmasse völlig unterschiedlicher Leute gezeigt, wie sehr ihnen bestimmte politische Entwicklung stinken - und das finde ich sehr positiv.


    Das habe ich jetzt nicht verstanden, welche Menschenmasse hat was gezeigt? Beim ESC? In wie fern gab es da ein politisches Statement?


    Die Ukraine hat es selbst zu Verantworten, wenn völkerrechtswidrig ein Nachbarland Truppen ohne Hoheitsabzeichen auf ihr Gebiet sendet?


    Ja durchaus. Es gab einen fertig ausgearbeiteten Plan um die aktuelle Regierung abzulösen. Nur hat das einen Teil der Konfliktparteien nicht interessiert und die sind, unter anderem, auch für die weitere Entwicklung verantwortlich. Es gibt auch nicht "die Ukraine", genau so wenig wie es damals ein Jugoslawien gab. Und genau das ist das Problem, du kannst da nicht einfach hingehen und sagen da kämpfen Ukrainer gegen Ukrainer, genau so wenig wie du du sagen konntest da kämpfen Jugoslawen gegen Jugoslawen. Wir Kroaten haben uns schon immer als eigenständiges Volk gefühlt und nichts auf Jugoslavien und die serbische Regierung gegeben. Genau so sieht es doch in der Ukraine heute auch aus, da wurde vor ein paar Jahren ein Teil Russlands verschenkt, meinst du die Leute haben deswegen ihr Herkunft vergessen? Wenn du jetzt einzig und alleine mit territorialen Integrität argumentierst, dann ist das einfach am eigentlichen Problem vorbei. Das Thema ist viel komplexer.

    Deine Anfrage wurde nicht beantwortet? Dann bitte einfach noch mal kurz im Thema nachfragen.


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