Generation "Kopf runter" oder wie einsam macht das Smartphone?

  • Ich wollte ja eigentlich gestern schon meinen Senf hier dazu geben, aber leider hat unser Proxy das Forum mal wieder geblockt (Kategorie: Games... Ja ne, ist klar... :huh: )
    Daher füge ich als Einleitung mal meinen Beitrag aus dem CodeQuake-Forum hier ein:


    Tatsache ist, wir können jedes neue Medium nicht ignorieren, schlechtreden, uns komplett verweigern und denken "Das geht schon wieder weg". Man muss nicht alles mitmachen oder bis zum letzten sinnlosen Grad durchexerzieren, aber mir ist es zu einseitig und kurz gefasst zu sagen, die sozialen Medien sind quasi schon am Niedergang der Gesellschaft schuld. Das oft zitierte vernünftige Maß ist das Stichwort und dass man selber nicht einer Art imaginärem oder gar realem Gruppenzwang bzw. artifiziellem Zeitgeist zum Opfer fällt.

    Genau so sehe ich das ja auch. Hier ist eine Aufklärung nötig. Sowohl in den älteren Generationen als auch bei den Jungen und Folgenden.
    Man kann nun mal nicht alles neue verteufeln. (Ähnlich wie damals die Killerspieldebatte)
    Aber ist ja so schön einfach, so etwas direkt die Schuld zu geben, anstatt mal die Hintergründe zu ergründen.
    Lieber gleich "es ist neu, also muss es schuld sein"... :|


    Was ich teils belustigend bis paradox finde, ist, wenn Umfragen ergeben, dass sich viele Menschen heute gestresster fühlen und angeben, sie hätten chronisch zu wenig Zeit. Zugleich erfährt man aber, wie viel Zeit für Internet, Smartphone und Konsorten verwendet wird. Das wird dann also nicht als Stress empfunden? Vielleicht bin ich altmodisch, aber für mich wäre es Stress, müsste ich am Abend daheim alles lesen, was über den Tag verteilt von Leuten getwittert, auf Facebook gepostet, geliked oder auf WhatsApp hinterlegt wurde. Wo soll man da Zeit haben über die Inhalte nachzudenken, zu reagieren und es nicht nur einfach schnell herunterlesen und im selben Moment zu vergessen? Alleine das Lesen muss ein enormer Zeitaufwand sein, dann soll man selber erzählen, liken, teilen et. - das klingt fast schon wie ein Vollzeit-Beruf.

    Es ist quasi ein Vollzeitberuf.
    Ich sag dazu nur: Informationsflut
    Wenn ich ne Freundin von mir so sehe... Facebook, Twitter, Instagram, Tumbl, und und und...
    Das Bermudadreieck der Zeit / Procastination...


    Früher hab ich auch alles geliked bei Facebook. Das hat sich inzwischen auch wieder relativiert, weil mir selbst du viel Zeit flöten gegangen ist, die ganzen News zu verarbeiten.
    Da bleibe ich doch lieber klassisch beim RSS-Reader und abboniere mir spezielle Feeds.


    Ein Tablet oder Smartphone haben sicher ihre Vorteile und ihren Reiz, die Werbung nutzt das taktisch aus, indem suggeriert wird, was wichtig ist, was man haben muss und es wirkt ja auch. Wie viele Leute - sein wir ehrlich - legen sich reglmäßig neue Geräte zu, auch wenn das an sich nicht nötig wäre? [...]


    Was denkt ihr eigentlich, wie viel "Schuld" tragen Werbung, Hersteller und Anbieter selber und wie viel ist einem Zeitgeist geschuldet und/oder "Gruppenzwang"?


    Es wäre definitiv nicht notwendig.
    Jedoch wird auch teilweise von den Herstellern suggestiert, dass es notwendig ist.


    Bestes Beispiel:
    Samsung gibt kein Update auf Android 4.4 mehr für seine S3 Serie raus, weil die Nutzererfahrung laut Samsung darunter leiden würde.
    Das ganze ist jedoch nicht der Kompatibilität von Android 4.4 gegenüber der Hardware des S3 verschuldet. Ganz im Gegenteil. Android 4.4 ist darauf ausgelegt, auf deutlich schwächerer Hardware zu laufen.
    Jedoch kommt Samsung ja mit Hauseigener Oberfläche und Software daher. Und die ist so aufgebläht, dass sie das Gerät und die Ressourcen überlastet.
    Ich habe selber mein altes S3 mit einer alternativen Firmware ausgestattet (CyanogenMod 11, Android 4.4) und empfinde das Nutzererlebnis als blendend schnell.
    Weil eben die Samsung-Software fehlt.


    Und genau hier, denke ich, sind auch die Hersteller gefordert.
    Warum muss ein Gerät mit so viel Software zugestopft werden, dass es nicht mehr ordentlich arbeiten kann.


    Kleine Info nebenbei:
    China hat jetzt ein Gesetzt verabschieded, wodurch es für den Anwender ermöglicht werden muss, jede Software, die nicht für den Betrieb des Systems notwendig ist, deinstallierbar auf dem Gerät zu installieren.
    Somit würde die so genannte Bloatware entfallen und auch für ältere Geräte könnte man weiter neue Softwareupdates bereit stellen.


    Ich weiß nicht, ob ich so weit gehen würde zu sagen, dass Smartphones wirklich einsam machen. Sie suggerieren Erreichbarkeit, Vernetzung, unendlichen Informationsfluss und dass man zu jeder Zeit alles allen mitteilen kann. Der entscheidende Punkt ist, wie das im jeweiligen Hirn ankommt. Kann man das so akzeptieren und trotzdem funktional-sinnvoll nutzen, oder driftet man schon in eine Parelellwelt, wo 645 Freunde, 123 Follower, 9.123 Klicks cool sind und man sich als eine Art virtueller VIP fühlt? Ich würde den psychischen Effekt der Medien nicht kleinreden, aber glaube trotzdem, dass der Mensch nicht umsonst zwei Hirnhälften besitzt und selbst wenn eine kurzzeitig ausfällt, kann die andere übernehmen - hirnloses Verhalten kann man also maximal als Phrase stehenlassen, nie aber real.

    Hmm ein klares Jain meinerseits.
    Es kommt auch hier, wie so oft auf den Nutzer an.
    Die Tochter von meiner Cousine kam immer an und meinte sie hat XXX Freunde (iwas im 3 stelligen Bereich) auf Facebook.
    Als ich sie mal gefragt hab, ob sie die Menschen alle persönlich kennt und so glücklich ist, kam nur ein leises kleinlautes "Nein".


    Denn hier ist das Internet auch Fluch und Segen zugleich.
    Während man z.B. ein Bild offline nur einer kleinen Gruppe an Menschen zeigen kann und die Reaktion darauf verhältnismäßig gering ausfällt, so kann man es im Netz der breiten Masse präsentieren und bekommt dadurch auch ein enormes Feedback. Ob positiv oder negativ steht jetzt mal außen vor.
    Doch gerade die Masse macht es für viele zu einem Ersatz für die Bestätigung, die man im Freundes- oder Bekanntenkreis eben nicht so bekommt.

  • Viele gute Stichworte, Cetheus, ich greife mir einige heraus und wir können das Thema weiter abklopfen? :)



    Eine vermutlich komische Frage, aber hast du je bewusst über die Menge deiner virtuellen "Freundschaften" nachgedacht, nutzt das gar als eine Art Parameter zur Einordnung von X und denkst sogar, es könnte dich und/oder andere Nutzer subjektiv lenken?


    Am Besten ist, ich beschreibe es dir einmal aus meiner Sicht, dann weißt du, worauf ich hinaus möchte. Es ging einmal im Rahmen einer anderen Diskussionsrunde um das Thema Freundschaftsanfragen in einem Forum und ich erinnere mich gut daran, dass zwei Nutzer sinngemäß sagten, sie würden ihre Freundschaftsanfragen gezielt danach ausrichten, ob eine Person populär wäre oder weniger. Das heißt, sie haben explizit geschaut, wie lange die Person im Forum ist, wie viele Freunde er/sie hat und ob es eine messbar hohe Anzahl an Beiträgen inklusive Likes etc. gibt.


    Das war für mich merkwürdig zu erfahren, denn ich gebe zu, ich habe mir bis heute noch nie Gedanken um so etwas gemacht. Ich merke mir Mitglieder aufgrund ihrer Beiträge, des Stils, ob ich schon mit ihnen gesprochen habe o.ä., aber ich habe noch nie danach geschaut, ob eine Person "populär" ist. Anders formuliert, für mich spielt es keine Rolle, ob mein Gegenüber 0 Freunde oder 1000 aufweist, ob er geliked/gehatet wird oder eher schweigsam oder redselig ist, entweder ich komme mit der Person auf einer Ebene klar (zwischenmenschlich, fachlich, forenintern, professionell...) oder eben nicht, was auch für den umgekehrten Fall gilt.
    Meine Frage ist nun, macht es aber tatsächlich einen Unterschied, ob man das so noch in einem Forum angehen/sehen kann und bei einem Facebook ist es anders, da muss man quasi viele Freunde haben und geliked werden, weil man sonst als "a-sozial" gilt oder...?




    Was mich leicht beunruhigt ist, dass wir also durch die Bank weg der gleichen Meinung sind, es müsse mehr Vernunft beim Handling einsetzen und du schreibst gar, es bedarf der Aufklärung. Das ist richtig, aber ist es nicht paradox bis schon pervers, dass man an den Verstand von Menschen appelieren soll/muss? Wenn es eine Sache gibt, die uns - zumindest theoretisch in einzelnen Fällen ;) - vom Tier unterscheidet, dann doch, dass wir einen Verstand haben und seine Nutzung nichts kostet. Wie weit ist es also, wenn das scheinbar nicht mehr automatisch passiert und man deutlich appellieren, gar warnen muss?
    Woran liegt das, wirklich noch am Einzelnen und dummerweise ist die Schnittmenge so hoch, dass wir denken, zu viele laufen kopflos durch die Gegend, oder ist es ein Sog, der zumindest kurz- bis mittelfristig den Verstand manipuliert?




    Ich würde auch gerne tiefer zum Aspekt "Informationsflut" vordringen und näher diskutieren, was genau noch diesen vermeintlichen Sog ausmacht. Folglich gebe ich die Frage direkt so an die Runde weiter: Wo liegt der genau Reiz an Smartphones und Konsorten?
    Wurde aus der ursprünglichen Mobilität und Wissensabrufbarkeit schleichend das Markenbewusstsein (ihr kennt sicher diese merkwürdigen Diskussionsschlachten rund um Apple vs. X? ), dann ein Zeitgeist, gefolgt von starkem Mitteilungsbedürfnis, gar Exhibitionismus (?), und nun ist es das Gefühl, nicht "up to date" zu sein, wenn man nicht eine gewisse Menge an News, Feeds &Co. pro Tag nachliest/mitbekommt?

  • Viele gute Stichworte, Cetheus, ich greife mir einige heraus und wir können das Thema weiter abklopfen? :)

    Gerne :)


    Eine vermutlich komische Frage, aber hast du je bewusst über die Menge deiner virtuellen "Freundschaften" nachgedacht, nutzt das gar als eine Art Parameter zur Einordnung von X und denkst sogar, es könnte dich und/oder andere Nutzer subjektiv lenken?

    Nö, nö und noch mals nö. :)
    ca 90% aller FB Freunde habe ich tatsächlich schon im RL getroffen. 12 Leute (von ca. 100-120, genaue Zahl bekomm ich in der App leider nicht gezeigt) sind bei mir die Ausnahme. Diese "Freunde" sind User aus dem Grill, die hälfte davon meine Mods. :)
    Ich bin in dem Sinne auch kein Profilneurotiker.
    Weder muss ich ständig posten wo ich bin, noch was ich gerade mache.
    Ab und zu setze ich mal ne Meldung ab, wenn ich denke, dass sich jemand in der Nähe aufhalten könnte, aber das war es dann auch schon.
    Ansonsten landen meistens Sachen auf FB, denen ich zustimme oder die ich teilenswert finde (Videos, Fakten, etc.).
    Privates versuche ich inzwischen komplett aus FB zu halten, weil mir diese Sammelwut immer weniger gefällt.


    FB steht hier auch gleichzeitig für andere Netzwerke dieser Art (G+, WKW, etc.)


    Meine Frage ist nun, macht es aber tatsächlich einen Unterschied, ob man das so noch in einem Forum angehen/sehen kann und bei einem Facebook ist es anders, da muss man quasi viele Freunde haben und geliked werden, weil man sonst als "a-sozial" gilt oder...?

    Hmm, das, denke ich, ist wie bei vielem eine persönliche Einstellung.
    Mir ist es, wie dir auch, egal, welchen Status die Person hat.
    Ich könnte jetzt auch sagen "Hey ich kenne Anna Samsel (aus RTLs 'Alles was zählt') persönlich" und damit rumprahlen. Ja Toll...
    Dennoch bin ich mit ihr nicht auf FB und Co befreundet.
    Ich kenne sie halt, hab früher mit ihr n paar mal gespielt und gut. Irgendwann hat man sich aus den Augen verloren und peng.


    Bei Sozialen Netzwerken sollte es ja nicht darum gehen, wer das schönste, größte und bekannteste Profil hat (es sei denn, man nutzt die Leute, die so denken aus, weil man z.B. damit Geld verdienen will), sondern eigentlich darum, mit Freunden, Verwandten oder ehemaligen Mitschülern in Kontakt bleiben zu können, weil diese z.B. weiter weg wohnen / weg gezogen sind / was auch immer.


    Dennoch bringen diese Netzwerke auch die negativen Seiten hervor. Welche solche Leute betreffen, die vielleicht im normalen Leben nicht einen richtigen Freund haben und dann entsprechend ein neues glänzenderes "Virtuelles Ich" aufbauen, um vor allem eins zu bekommen: Beachtung.
    Auch wenn es hier wahrscheinlich nur ein flüchtiges Interesse geweckt hat.
    Je mehr diese Personen davon bekommen, um so mehr, denke ich, posten diese Personen auch mehr und mehr private Sachen, bis hin zu jedem kleinen Detail.
    Nur damit sie interessant wirken und das Interesse halten können.


    Und das sehe ich definitiv als Schattenseite der Netzwerke an.


    Was mich leicht beunruhigt ist, dass wir also durch die Bank weg der gleichen Meinung sind, es müsse mehr Vernunft beim Handling einsetzen und du schreibst gar, es bedarf der Aufklärung. Das ist richtig, aber ist es nicht paradox bis schon pervers, dass man an den Verstand von Menschen appelieren soll/muss? Wenn es eine Sache gibt, die uns - zumindest theoretisch in einzelnen Fällen ;) - vom Tier unterscheidet, dann doch, dass wir einen Verstand haben und seine Nutzung nichts kostet. Wie weit ist es also, wenn das scheinbar nicht mehr automatisch passiert und man deutlich appellieren, gar warnen muss?
    Woran liegt das, wirklich noch am Einzelnen und dummerweise ist die Schnittmenge so hoch, dass wir denken, zu viele laufen kopflos durch die Gegend, oder ist es ein Sog, der zumindest kurz- bis mittelfristig den Verstand manipuliert?


    Ich würde auch gerne tiefer zum Aspekt "Informationsflut" vordringen und näher diskutieren, was genau noch diesen vermeintlichen Sog ausmacht. Folglich gebe ich die Frage direkt so an die Runde weiter: Wo liegt der genau Reiz an Smartphones und Konsorten?
    Wurde aus der ursprünglichen Mobilität und Wissensabrufbarkeit schleichend das Markenbewusstsein (ihr kennt sicher diese merkwürdigen Diskussionsschlachten rund um Apple vs. X? ), dann ein Zeitgeist, gefolgt von starkem Mitteilungsbedürfnis, gar Exhibitionismus (?), und nun ist es das Gefühl, nicht "up to date" zu sein, wenn man nicht eine gewisse Menge an News, Feeds &Co. pro Tag nachliest/mitbekommt?

    Warum? Weil es immer einfach ist, nicht denken zu müssen.
    Schnapp dir mal deine Fernbedienung und schalte den Fernseher mal um die Mittagszeit oder Nachmittagszeit herum an. Zap ruhig mal.
    Was fällt dir auf?
    Da liefen früher so Schoten wie Arabella Kiesbauer, wo sich die Menschen im Studio verbal und tatsächlich die Köpfe eingeschlagen haben. Heute rutschen wir mehr und mehr auf Berieselungs- und meiner Meinung nach Verdummungs-TV zu.
    Die Sendungen die mich tatsächlich interessieren, laufen auf Sendern, für die ich bezahlen müsste (National Geografic, etc) oder zu Zeiten zu denen ich schlafe, weil ich nächsten Tag zur Arbeit muss. Jedoch selten auf den privaten Sendern.
    Das ÖR Programm wird auch immer mehr zur Bespaßungsmaschinerie.


    Doch wozu?
    Wenn ich die o.g. Sendung "Alles was zählt" mal gucke, frage ich mich tatsächlich, wie man es schaffen kann, so viele Probleme in eine Sendung von 30 min zu packen.
    Natürlich denkt sich der gemeine Zuschauer sicher dabei "Mensch, die haben Probleme, bin ich froh das ich die nicht habe..."
    Doch viele vergessen dabei (und genau darum geht es) sich mal umzusehen und vielleicht doch mal nachzudenken.


    Genau so gibt es immer wieder Gesetze, die z.B. gerne während der EM/WM verabschiedet werden, da sie im Spektakel des Fußballs schlicht untergehen.
    Wen interessiert schon die langweilige Politik, wenn doch 22 Hampelmänner einer Kugel über den Rasen hinterher hechten.


    Ich denke, dass hier vieles darauf ausgelegt wird, den (eigentlich) mündigen Bürger abzulenken und von den wirklich wichtigen Dingen fern zu halten. Darunter auch das aktive mitdenken.


    Ich hab es im Freundeskreis leider letztens erst mit bekommen.
    Als WhatsApp von Facebook geschluckt wurde (und zum Teil im Kleinen auch schon vorher) wie gedankenlos die Leute mit ihren Daten auch umgehen.
    Warum sollte man von dem sowiso schon mit Datenlecks und Unsicherheiten gespickten Messenger, der jetzt auch noch von dem Datensammelgigaten neben Google schlechthin: Facebook aufgekauft wurde, weg wechseln?
    Jeder hat ihn, jeder nutzt ihn. So schlecht kann er ja nicht sein.
    Wenn man das Thema anspricht, bekommt man zu hören, was man doch für ein paranoider Mensch ist und dass einen das alles gar nicht interessiert, schließlich ist man gerade vom 5. 10-Stunden Tag diese Woche von der Arbeit nach hause gekommen und will sich jetzt nicht auch noch mit privaten Problemen rum schlagen müssen.


    Damit hier zum Umdenken angeregt wird, muss eine kritische Masse erreicht werden. Doch wie will man das schaffen, wenn genau Diese so mit Informationen voll gepumpt wird, dass sie sich dadurch gelähmt fühlt und gar nicht mehr mit denken will, weil sie zu beschäftigt ist, diese Masse an Informationen überhaupt in angemessener Zeit zu verarbeiten?

  • Ich setze hier an:


    Bei Sozialen Netzwerken sollte es ja nicht darum gehen, wer das schönste, größte und bekannteste Profil hat (es sei denn, man nutzt die Leute, die so denken aus, weil man z.B. damit Geld verdienen will), sondern eigentlich darum, mit Freunden, Verwandten oder ehemaligen Mitschülern in Kontakt bleiben zu können, weil diese z.B. weiter weg wohnen / weg gezogen sind / was auch immer.




    Dennoch bringen diese Netzwerke auch die negativen Seiten hervor.


    Das ist dann wohl die berühmte Unterscheidung zwischen Theorie und Praxis, ich habe für meinen Geschmack schon von zu vielen Leuten gehört, wie soziale Netzwerke missbraucht werden und wenn sogar schon Studien besagen, das Posten von Urlaubsbildern erzeuge Neid bei Facebook-Freunden, kann man vom Glauben abfallen. Bilder! :pinch:
    Wobei, ich denke, es macht doch auch einen Unterschied, wer was postet bzw. welche Nationalität die Person hat. Wenn ein Amerikaner sein Start-up präsentiert, stolz Bilder vom Interieur zeugt, klicken alle auf "Like" und schreiben, wie "supercool" das sei. Macht das ein Deutscher, dauert es nicht lange und schon schleicht der Neidteufel hinein, die Miesepeter stoßen dazu und klar, es geht ja nur darum anzugeben. Das empfinde ich mittlerweile als typisch deutsch in negativer Hinsicht.




    Bei den negativen Ausprägungen und dem Ego-Push frage ich mich, ob das den Leuten wirklich bewusst ist, sie das also gezielt tun, nicht mehr merken oder ob wir wirklich mittlerweile eine Gesellschaft von Menschen sind, die im realen Leben zu wenig Aufmerksamkeit und Anerkennung bekommen. Trotz Burn-out&Co. glaube ich nicht, dass wirklich das en gros unzufrieden mit Arbeit, Leben&Co. ist, die sozialen Netzwerke als Ersatztherapie herhalten müssen, weil sonst jeder traurig in der Ecke sitzen und nichts Positives mehr hätte. An der Stelle muss man sich doch also lieber fragen, was im Leben nicht richtig läuft, es aber nicht über soziale Netzwerke kompensieren, oder?
    Mir fehlt da einfach das reale Verständnis, muss ich zugeben, also für mich mutet das, mit Verlaub, lächerlich an, ich müsste pausenlos lachen, würde ich irgendeinen Quatsch von mir geben, nur um "interessant" zu erscheinen, ein "Like" zu bekommen und stolz zu verkünden, ich hätte 450 "Freunde". :D



    Ich denke, dass hier vieles darauf ausgelegt wird, den (eigentlich) mündigen Bürger abzulenken und von den wirklich wichtigen Dingen fern zu halten. Darunter auch das aktive mitdenken.


    Das wäre die extremste Sicht, wobei ich nachvollziehen kann, wie der Eindruck entsteht. Ich bin mittags nicht daheim, um mir RTL etc. anzusehen, aber über die Zeitung bekomme ich ja mit, wenn Formate wie "Dschungelcamp" laufen und sich gefühlt halb Deutschland empört, die Quoten aber zeigen, wie viele sich das ansehen, aus welchem Grund auch immer. Nur, Angebot und Nachfrage, oder? Würde jeder so konsequent sein und es sich nicht einmal als Zeitvertreib oder aus Belustigung ansehen, würden solche Formate schnell versinken, aber klar, RTL hat sein Klientel gefunden und bedient es entsprechend.
    Dass ARD/ZDF fast schon mitziehen müssen, ergibt sich nicht nur anhand des durchschnittlichen Zuschauers bei ihnen, sondern was wollen die Leute denn, wenn sie den Fernseher anmachen? Bildung? Berieselung? Unterhaltung? Horaz formulierte für die Literatur, diese müsse belehren und unterhalten, im TV haben wir die Verlagerung zu letztem hin, denn ich denke nicht, dass viele sich politische Debatten bei "Phoenix" ansehen, das "Telekolleg" o.ä. Das tue ich auch nicht in der Form, aber mittlerweile sehe ich auch kaum noch fern, lese wie immer die Zeitungen, höre Radio und sehe nur gezielt spezielle Sendungen, zappe nicht herum.


    Ich glaube aber nicht, dass es Medien, Politik& Konsorten sind, die den Bürger bewusst kleinhalten, ich denke leider eher, der "mündige" Bürger will sich schlicht und ergreifend nicht ergreifen lassen und selber seine Prioritäten festlegen. Wenn suggeriert wird, es gäbe immer weniger Zeit, viel Stress, man müsse das neuste Samsung-Smartphone haben usw. entsteht (un-)bewusst Druck, der kompensiert werden muss und man fragt sich, wo soll ich mich denn dann noch um Politik o.ä. kümmern? Man kann sich immer informieren, wenn man will, aber will man denn? In Frankfurt kam ich vorletzte Woche an einem Stand vorbei, wo ein Telefonabieter Werbung machte, Flyer und Süßes verteilte und da war eine Traube an Jugendlichen. Ungefähr 100 Meter weiter war ein Stand der SPD zur Europawahl - 1 Mann stand dort und diskutierte. Gut, vielleicht fehlten Kekse zur Motivation ;), aber das Bild hätte im Grunde nicht entlarvender sein können, fand ich.


    Technik ist nicht das Problem, auch Smartphones machen nicht dumm, dick und einsam, wie es schnell plakativ heißen kann, aber die Art wie es vermittelt wird, was auch die Werbung impliziert und wie ein gewisser Trend zum Hype wird, das stufe ich als Problem ein. Konsum hat seine Wirkung, hatte es schon immer, da reicht ein Gang durch den Supermarkt und der Blick dafür, was sie aufgebaut ist, welche Farben benutzt werden, wie es riecht etc. Vieles wird unbewusst wahrgenommen und verführt, so dass die Marketingleute ihren Job folglich gut gemacht haben, aber mittlerweile wurde so oft aufgeklärt, wie diese Prinzipien funktionieren, dass keiner sagen kann, er wüsste nicht, wie es wirkt/wirken soll. Und trotzdem...wir lassen uns wohl nur zu gern verführen, oder?

  • Wobei, ich denke, es macht doch auch einen Unterschied, wer was postet bzw. welche Nationalität die Person hat. Wenn ein Amerikaner sein Start-up präsentiert, stolz Bilder vom Interieur zeugt, klicken alle auf "Like" und schreiben, wie "supercool" das sei. Macht das ein Deutscher, dauert es nicht lange und schon schleicht der Neidteufel hinein, die Miesepeter stoßen dazu und klar, es geht ja nur darum anzugeben. Das empfinde ich mittlerweile als typisch deutsch in negativer Hinsicht.

    Das würde ich so nicht unterschreiben.
    Es gibt auch bei den Amis viele, die dann zu Neidern werden.
    Ich denke nur, dass es bei den Deutschen stärker auffällt.


    Das dürfte auch daran liegen, dass bei uns verhältnismäßig zur gesamten Landesbevölkerung weniger User FB nutzen:

    Quelle: statista.com


    Wie du hier siehst, sind in den USA 10x so viele Nutzer auf FB aktiv. Da denke ich gehen, die Neider in der großen Masse eher unter.


    [...]An der Stelle muss man sich doch also lieber fragen, was im Leben nicht richtig läuft, es aber nicht über soziale Netzwerke kompensieren, oder?
    Mir fehlt da einfach das reale Verständnis, muss ich zugeben, also für mich mutet das, mit Verlaub, lächerlich an, ich müsste pausenlos lachen, würde ich irgendeinen Quatsch von mir geben, nur um "interessant" zu erscheinen, ein "Like" zu bekommen und stolz zu verkünden, ich hätte 450 "Freunde". :D


    Ja, man sollte sich das Fragen. Aber, nicht jeder kann das auch so erkennen.
    Manche verfallen da in eine Art Sucht.
    Und da zu erkennen, das bei einem was falsch läuft im Leben, heißt auf gewisse weise auch, dass man sich selber eine Schwäche eingesteht. Und welcher Mensch gesteht sich selber gerne die eigene Schwäche ein?
    Dazu gehört schon einiges an Mut.


    Für dich mag es lustig erscheinen. Doch leider gibt es Menschen die genau so denken.


    Das wäre die extremste Sicht, wobei ich nachvollziehen kann, wie der Eindruck entsteht.
    [...]
    Horaz formulierte für die Literatur, diese müsse belehren und unterhalten, im TV haben wir die Verlagerung zu letztem hin, denn ich denke nicht, dass viele sich politische Debatten bei "Phoenix" ansehen, das "Telekolleg" o.ä. Das tue ich auch nicht in der Form, aber mittlerweile sehe ich auch kaum noch fern, lese wie immer die Zeitungen, höre Radio und sehe nur gezielt spezielle Sendungen, zappe nicht herum.

    Ja, das ist die extremste Sicht. Dennoch ist das aktuell mein Eindruck.
    Ich prokastiniere selber genug um mich mit zu der Masse zählen zu können. Dennoch sehe ich zu, dass ich möglichst viel aus meiner Umgebung aufschnappe um zumindest ansatzweise zu wissen, was zu tun oder wie zu handeln ist, wenn es hart auf hart kommen sollte.


    Viele meiner Informationen suche ich mir über Newsfeeds und Newsportale zusammen. Schlicht weil mir in der Zeitung zu viel steht, was mich auch nicht interessiert. Mir ist es z.B. egal, ob die Rentnergruppe Süd-West eine Radtour plant.
    Warum also solche Informationen nicht vorher schon filtern...


    [...]Man kann sich immer informieren, wenn man will, aber will man denn? [...]

    Das ist es ja. Viele wollen meist nicht.
    Siehe z.B. auch die Debatte um Google und das Recht auf digitales Vergessen.
    Die EU hat Google jetzt an die Leine gelegt, dass Inhalte in der Suchmaschine gelöscht werden können.
    Eigentlich hätte der Pöbel, der sonst immer über den Datenhunger von Google klagt, an dieser stelle jubeln müssen.
    Aber wenn man das so mit bekommt, kannst du das Schweigen der Lämmer hören. Weil es dann doch irgenwie wieder keine Sau interessiert.


    Technik ist nicht das Problem, auch Smartphones machen nicht dumm, dick und einsam, wie es schnell plakativ heißen kann, aber die Art wie es vermittelt wird, was auch die Werbung impliziert und wie ein gewisser Trend zum Hype wird, das stufe ich als Problem ein. Konsum hat seine Wirkung, hatte es schon immer, da reicht ein Gang durch den Supermarkt und der Blick dafür, was sie aufgebaut ist, welche Farben benutzt werden, wie es riecht etc. Vieles wird unbewusst wahrgenommen und verführt, so dass die Marketingleute ihren Job folglich gut gemacht haben, aber mittlerweile wurde so oft aufgeklärt, wie diese Prinzipien funktionieren, dass keiner sagen kann, er wüsste nicht, wie es wirkt/wirken soll. Und trotzdem...wir lassen uns wohl nur zu gern verführen, oder?

    Es ist ganz selten eigentlich nur das Produkt ansich, meiner Meinung nach.
    Viele Produkte verleiten leider auch dazu, sich ihnen hinzugeben und darüber die Zeit zu vergessen oder den sozialen Umgang im realen Leben.
    Daher sollte es für manche Dinge auch eine Nettiquette geben oder Umgangsregeln.
    Ich mein für ein Auto braucht man auch einen Führerschein.
    Ein PC ist da sicherlich in der Basis harmloser. Doch wenn du jemanden hast, der davon keine Ahnung hat, oder schlimmer noch glaubt Ahnung zu haben, aber keine hat, kann das genau so gefährlich enden.
    Dann reichen so Dinge wie der BKA-Trojaner und Co. aus um zumindest den PC Nutzer ansich zu schädigen.


    Vieles wird zu einfach suggestiert.
    Mein Lieblingsbeispiel ist hier 1 und 1 und Konsorten mit ihrem Internetstick.
    PC Anschalten, Stick rein, läuft...
    Ganz ehrlich? Am A*sch!
    Mir ist bis heute nicht ein PC untergekommen, wo es genau so funktioniert hat.
    Du musst eigentlich immer eine Software installieren. Und die kann auch gerne mal den allgemeinene Systembetrieb lahm legen.


    Ich hatte mal einen bekannten, der mit einem Vodafone Stick arbeiten wollte.
    Laut Werbung auch hier, rein stecken -> fertig.
    Nix. Der Laptop war neu und mit Windows 8, der Stick 2 Wochen vorher bestellt.
    Ja nur leider war das ein Stick aus einer älteren Marge, die noch gar nicht für Win 8 ausgelegt war.
    Schon lief der Teil des Sticks nicht, auf dem eigentlich die Software hinterlegt ist.
    Also ab durch die Vodafone Seite wühlen.
    Und das war dann selbst für mich ein ordentlicher Dschungel. Mein Bekannter saß daneben und meinte schon nach der 2. aufgerufenen Unterseite von Vodafone, dass er jetzt schon nicht mehr weiß, wo er ist und wo er hin wollte.


    Klar könnte man jetzt sagen "Hey, soll er doch nen Techniker anrufen"... Ja, aber dann klappt es vielleicht nicht und der Techniker muss zum Kunden kommen.
    70 Euro Anfahrt, 1-3 Stunden Arbeit mit 80 Euro + die Stunde und ggf. die Abfahrt für noch mal 70 Euro...
    Und dann setzt der Frust ein... über die Technik die einem als so einfach beworben wurde.
    Eins folgt zum anderen und spätestens der Techniker oder der Supporter bekommt die volle Bandbreite der Wut und des Frustes des Anwenders zu spüren, obwohl dieser am wenigsten dafür kann.


    So nun bin ich aber erst mal schon wieder genug abgeschweift ;)

  • Es ist im Grunde eine janusköpfige Angelegenheit: Einerseits hat technischer Fortschritt seine Vorteile, die man somit für sich nutzen kann, andererseits erzeugt es scheinbar ungeahnte Nebeneffekte.
    Was ich nach wie vor nicht vollständig und ultimativ einordnen kann, ist, wo genau es zumindest bei der überwiegende Nutzermasse scheitert. Ist es eine Art Gruppendynamik, Zeitgeist und/oder sehen wir es gar dramatischer als es ist, es wird eventuell auch in den Medien künstlich aufgebauscht, siehe z.B. Manfred Spitzer's "Digitale Demenz"?


    Was bei der Diskussion meiner Meinung nach zu kurz kommt, ist, dass sich die Gesellschaft an sich verändert hat. Wir haben heute mehr Singlehaushalte und Menschen sind tendenziell weniger bereit eine Familie zu gründen bzw. andere Dinge sind wichtiger geworden (Stichwort Selbstverwirklichung, Spaß, Reisen&Co.). Unabhängig davon, was wir hier davon halten oder für unser Leben beschlossen haben bzw. anvisieren, sind das Tatsachen, die man nicht ignorieren kann, meine ich.
    Zusätzlich haben das www und sozialen Medien bzw. Handies die Kommunikation geprägt und erweitert. Kürzel, Internetjargon, Emoticons etc. haben Einzug gehalten, werden nicht mehr per se abgelehnt und haben in Kombination mit Dingen wie "WhatsApp" auch ihren Beitrag geleistet, dass "Kommunikation" von Teilen der Bevölkerung anders definiert und wahrgenommen werden.
    Durch das Wesen des Internets und der sozialen Medien hält das "abwesend anwesend "sein Einzug. Ich kann also vom Sofa aus mit hunderten Menschen "sprechen", spielen, lesen und mich einbringen, es findet aber nicht im face-to-face-Dialog statt und ich kann neben dem Auftreten und Teilnehmen regelrecht alles tun. Ich kann mich verstellen, lügen, frech, frivol oder bösartig sein, kann mir wer weiß was für Geschichten ausdenken und dabei meine Gegenüber auf Abstand halten - spätestens mit dem Betätigen der Aus-Taste endet alles. Ich möchte jetzt nicht so weit gehen und wirklich von einer Parallelwelt sprechen, aber sicherlich kann man es so sehen, "nutzen" und auch ausnutzen.


    All das zusammen sehe ich als die Mischung, die eben unsere Zeit gerade bestimmt. Wir kommunizieren über Geräte "miteinander" und es ensteht der Eindruck von Gemeinschaft über soziale Netzwerke oder auch Foren, aber faktisch sitzt jeder für sich alleine am Rechner und es ist Pseudo-Gemeinschaftlichkeit durch den entkörperlichten und nicht-individualisierten Gegenüber. Das könnte eigentlich schon traurig stimmen, peinlich berühren oder je nach Mentalität nur ein Schulterzucken hervorrufen. Jemanden wie mich beschäftigt die soziale, individuelle Komponente, denn so könnte man überspitzt formulieren, sind viele Leute keine Individuen mehr, weil sie mainstreamartig einem Facebook huldigen, ihrem Smartphone verfallen sind und meinen, einzigartig zu sein, so wie die restlichen Millionen Individuen, die ebenso Facebook huldigen und ihrem Smartphone verfallen sind...


    Wobei natürlich die Gretchenfrage lauten würde: Bekommen das die Leute noch bewusst mit oder nicht, lebt man so, findet es normal und denkt gar nicht darüber nach?


    Mich würde sehr interessieren zu erfaghren, wie bei einer Umfrage die Teilnehmer auf die Frage "Was bedeutet Ihnen ihr Smartphone" antworten würden. Egal ob Statussymbol, Mittel zum Zweck oder gar Sprachrohr zur Welt, ich würde gerne wissen wollen, wie es subjektiv wahrgenommen wird. Was denkst du spontan, was wären wohl die Top-Antworten, so aus dem Bauch heraus?




    Wenn wir noch einmal zum Aspekt der Einsamkeit kommen, was macht wirklich einsam: Unsere Gesellschaft mit ihren Veränderungen, dass wir heute eben besagte Tendenz haben uns abzuschotten oder wirklich auch technische Gerätschaften, die uns von realen Kontakten "fernhalten"?