YouTube und die Situation in Kommentaren....

Zitat von Muschelkuh

Wie ist es eigentlich bei den "älteren" Generationen?

sehr charmant ausgedrückt ... Hilfe .. ich gehöre zu den Älteren. Zeigt wieder wie shcnell die Zeit vergeht.

Diese unschönen Kommentare gibt es doch schon lange. Allerdings was mir aufgefallen ist, ist die Ausdrucksweise und die Rechtschreibung. Wir hätten uns früher gar nicht getraut so etwas zu verfassen. Schon gar nicht, wenn ich Probleme mit der deutschen Rechtschreibung hätte. Das wäre ja sowas von peinlich. Ich mecker über andere, aber kann selbst nicht mal die Wörter richtig schreiben.

Auf jedenfalls gebe ich Dir Recht, das es mit dem Internet alles viel schlimmer geworden ist. Es sieht ja niemand die Person hinter dem Nicknamen. Also kann ich da auch mal die Sau rauslassen. Wird man gesperrt, wird sich mit dem nächsten Account wieder neu angemeldet. Die Jugend heutzutage kennt sich doch viel besser aus, als wir alten Hasen.

Ein Bushido ist für mich einer von vielen, man kann natürlich auch einen 50 Cent nehmen und z.B. sein Lied "Candy Shop" mitsamt seinen sexuellen Anspielungen aufschlüsseln, kann Lily Alien's "F**k You" kommentieren, Eminem's "American Psycho" verstörend finden usw. Ob Musik, Kunst oder auch Literatur, wir sind im Grunde täglich davon umgeben, reagieren mal aktiv, mal passiv darauf.

Was ich einfach sinnlos bis lächerlich finde, ist, wie schon gesagt, dass jemand wie Bushido eben gezielt bestimmte Texte lanciert, einen Zweck verfolgt und sich so mediale Aufmerksamkeit sichert, die er sonst vermutlich nicht bekommen würde. Was wäre passiert, wenn er statt nämlicher Claudia Roth Lieschen Müller so tituliert hätte? Nichts. Das weiß er selber auch und um ein bestimmtes Image von sich beizubehalten (= brutaler, cooler, "wahrhafter" Rapper o.ä.), kommen solche Lieder dabei heraus. Und was genau ist der Nutzen, der Mehrwert, die Wirkung der Lieder?

a) Leute aufrütteln
b) Diskussionen anregen
c) politisches Bewusstsein schaffen

Ich denke, da muss man sich nichts vormachen und ich glaube nicht, dass irgendjemand auch nur kurz glaubt, dass eine drei Optionen wirklich Bestand hat respektive intendiert war, oder?
Kunst, Musik, Literatur&Co. sollen aufrütteln, sollen Bewusstsein schaffen und dazu führen, dass sich Leute aufregen, nachdenken, einbringen und Zustände nicht als gegeben akzeptieren, aber diese Funktion oder Aufforderung kann ich eben beim besten Willen nicht in solchen Texten erkennen oder wenn pauschal Hetze gegen Homosexuelle, Frauen usw. verbreitet wird. Da ist nichts, aber auch gar nichts künstlerisch-stilistisch-virtuos, es ist platt, reimt sich vermutlich einfach und "kommt gut".

Beim Thema Erziehung kann ich nur mit meiner eigenen dienen, da ich kein/e Kind/er habe. Im Grunde reihe ich mich bei dir ein, mcburn, weil ich aus selben Verhältnissen stamme, meine Eltern beide nicht studiert haben und ich als "Schlüsselkind" auch von kleinauf zurechtkommen musste.

Es hat mir nicht geschadet, im Gegenteil, und ich möchte nicht komplett die elterliche Erziehung in den Wind schlagen, aber ich sehe eben auch, wie das Schulsystem inklusive Lehrer und die Gesellschaft als solches sich verändert haben. Überforderung ist da wohl noch der mildeste Ausdruck. Der Eindruck, der hängenbleibt, ist doch der, dass es überwiegend um Kommerz, Konsum, Statussymbole, Erfolg und Macht geht. Man will dazugehören, cool sein und meint, das wäre individuell und eben der Zeitgeist. Wo erleben die Jugendlichen denn den Gegenpol, bekommen zu hören, es ginge auch anders und lernen kritisch zu reflektieren, zu hinterfragen und nicht der Masse nachzulaufen? Eltern können viel falsch machen, die Lehrer können nicht alles ausgleichen und man kann Menschen nicht vor negativen Einflüssen abschotten, aber was bitte ist mit dem eigenen Verstand? Jeder Jugendliche hat diesen, besitzt also die Fähigkeit des Nachdenkens und ich kann es nicht als universale "Erklärung", gar Entschuldigung gelten lassen, dass die Teenies es eben nicht anders, besser machen können, weil ja Elternhaus, Schule&Co. so versagt haben. Sind unsere Jugendlichen denn allen Ernstes weniger intelligent als noch vor 20, 30 Jahren? Ich denke doch nicht.

Dass die Medien herhalten müssen, um eine Erklärung zu liefern, ist die Standardreaktion, die gab es schon beim Fernsehen und Handys waren ja zu Beginn regelrecht Ausgeburten der Hölle. Bei Amokläufen sind es - natürlich - die bösen "Killerspiele", Leute "verdummen", weil sie nichts mehr lernen, sondern zu Wikipedia schielen, und angeblich findet jeder Facebook blöd, aber trotzdem hat gefühlt jeder zweite einen Account dort.

Wo bleibt die Eigenverantwortung und dass nicht alles reflexiv auf etwas abgeschoben wird oder können wir das gar nicht, es sitzt schon zu tief im menschlichen Bewusstsein fest?

Ich greife das noch einmal auf:

Zitat von Tom

Kurz gesagt, knapp die Hälfte der Eltern in der Umfrage kümmert sich nicht darum was ihre Kinder im Internet treiben. Muss man sich dann wirklich wundern?

Tom, wenn wir aber ganz fair sein wollen und müssen, wurde die Umfrage anders ausgelegt.

Es gab also 1503 Interviews mit einem repräsentativen Querschnitt der Bevölkerung ab 16 Jahren und dabei wurden gezielt Eltern von 6-17-Jährigen befragt.
Die Fragen des Interviews waren nun aber nicht so gestellt, dass das reale Desinteresse im Fokus stand oder sich so zeigte, sondern 49% der Eltern haben "dein Eindruck, dass sie kaum wissen", was der Nachwuchs im Netz konkret anstellt.
Zwei von drei Teilnehmern befürchten, dass die Kinder
- im www zu viel von sich preisgeben,
- zu lange online sind bzw.
- es gibt explizit die Angst vor Kriminellen in Chats/Foren,
- dass Bilder ohne Zustimmung im Netz landen

Man kann es nun so auslegen, dass die Eltern zu wenig Initiative zeigen und sich darum kümmern, was der Sprößling im Internet tut, aber die Gegenfrage muss auch lauten, wollen das die Kinder selber denn?

Wenn wir jetzt an uns selber denken, wer von uns hätte es toll gefunden, wenn ein Elternteil während dem Chatten bzw. www-Aufenthalt neben uns gesessen und gesehen hätte, was wir da tun? Dabei geht es gar nicht darum, dass ich z.B. denken würde "Oha, nun sieht meine Mutter, was ich da im cls-design User X geschrieben habe" oder "Mist, nun sieht mein Vater, was ich mir wieder an Büchern im Antiquariat geordert habe", sondern es geht auch um Vertrauen, Selbstständigkeit und Privatsphäre.

Was ich eher als Problem sehe, ist, wenn Kinder/Jugendliche bei Gefahren oder einem realen Konflikt nicht zu ihren Eltern gehen. Stichwort Cybermobbing, Pädophile, Drohungen usw. Ich kann an der Stelle nur das sagen, was ich über die Medien erfahre, weil ich das so nie selber erlebt habe (als Frau bekommt man früher oder später im www fast automatisch (?) irgendwann (un-)absichtliche sexuelle Anspielungen zu hören oder dass sich nicht jeder Herr in Punkto Verhalten an die allgemeinen Anstandsregeln hält, aber das sind im Vergleich triviale Kleinigkeiten, die man selber schnell und unmissverständlich klären und beenden kann), aber Scham soll ein Hauptfaktor sein. Das kann ich auch verstehen, aber trotzdem, sind es nicht die Eltern, die man im Normalfall bei Angst oder einem Problem anspricht?

Sicher, gerade bei den Gefahren werden Eltern nicht alle Abgründe des Internets kennen, aber müssen wir nicht auch fairnesshalber sagen, dass eben die Nutzer selber oft zu fahrlässig sind?
Ganz offen gesagt, mir sträuben sich die Haare wenn ich höre, dass Leute sich via Webcam zu fragwürdigen Handlungen hinreißen lassen, wie leicht reale Kontaktdaten den Besitzer wechseln und ja, ich selber habe auch erlebt was es bedeuten kann, wenn man "zu nett" zu Menschen sein kann, sie das fehlinterpretieren. Zwar habe ich nichts bewsust provoziert, aber solche Dinge können passieren, es schockiert, aber man muss dann reagieren, Konsequenzen ziehen. Nur, tut das jeder, der sich auch schon mal verbrannt hat oder geht wirklich zu den Eltern und berichtet, was im www passiert ist, verstört, beschäftigt usw.?