TV Werbung :O [Old:Werd ike Alt ?]

Auch Fernsehwerbung basiert doch zu einem hohen Teil auf Marketingstrategien und dort wiederum greift noch immer das AIDA-Prinzip, richtig? Also:
Attention (Aufmerksamkeit)
Interest (Produktinteresse)
Desire (Besitzwunsch)
Action (Kaufhandlung)

Nehmen wir das und behalten im Hinterkopf, dass Werbung entweder
a) zur Kaufsteigerung bzw. Erhöhung des Markanteiles
b) Bedarfsbeeinflussung

dient, dann lautet die Grundfrage beim Marketing doch: Wer sagt was mit welcher Wirkungsabsicht auf welchem Wege zu wem mit welcher Wirkung (die Regel der 6 Ws, so lautete das doch damals bei BWL bzw. Wirtschaftslehre).

Insofern macht der Getränkehersteller doch alles richtig, indem er...

...Aufmerksamkeit durch eine bewusste Ambiguität herstellt (man denkt also, es wäre ein Film und keine Werbung).
...das intendierte Publikum durch die Protagonisten darstellt (Lenkung durch "Prototypen").
...den individuellen Status durch diese Werbeform andeutet (eben keine klassische Werbung bei der lediglich das Getränk inklusive Hersteller zu sehen ist).
...die Auflösung mit einem Effekt herstellt, so zeigt, dass Werbung unerwartet sein kann, der Betrachter also ebenfalls hereingefallen ist, es ihm aber nicht übel nimmt, weil der Witz ja harmlos war.

Klar, das muss in der Praxis nicht jeden ansprechen und jedem gefallen, von der Theorie her haben die Macher aber eigentlich das gemacht, was man theoretisch beim Marketing lernt.
Gerade das Spiel mit Erwartungen ist doch auch der Reiz, wenn man sie nicht direkt oder gar nicht erfüllt. Als Betrachter wird man bei bestimmten Produkten, Beschreibungen oder Werbegesichern ein Bild im Kopf haben, eine erste Vorstellung und wenn diese Antizipation nicht oder anders erfüllt wird, kann das nachhaltiger wirken und beeinflussen, würde ich meinen.
Erinnert ihr euch an die Werbeplakate von "MediaMarkt", auf denen eine Frau zu sehen war, die drei Brüste hatte und darunter stand der Spruch "Mehr drin, als man glaubt"? Würde man nur den Satz hören, würde man ihn automatisch sinnbildlich deuten, also dass eine Erwatungshaltung übertroffen wurde. Die Werbemacher haben es wörtlich genommen, mit einem Klischee kombiniert und dann noch indirekt den Bezug zu einem Film aus den 90ern hergestellt (wobei ich denke, das haben die meisten Leute gar nicht gesehen/verstanden?). Es ist also nur oberflächlich billige oder gar sexistische Werbung (das war ja einer der Vorwürfe seitens besorgter Feministinnen) und hat seinen Zweck erfüllt, oder?

Werbung, Spam&Co. dürfte bei Nachfrage 99% der Bevölkerung nerven, also darf Werbung nicht nerven, sondern soll subtil ablenken, quasi schon als nicht-werbende Werbung angesehen werden, die unterhält und/oder ablenkt. Im Zeitalter von DVDs, Streams und Konsorten hat es Werbung schwer, denn klicken wir nicht im TV fast schon automatisch weg, wenn Werbung kommt? Wen interessieren Werbespots für Medikamente aller Art, vermeintliche Wunderdiätpillen, überteuerte Sachen auf diesen Shopping-Kanälen, das gefühlt 1000 Shampoo von Hersteller X usw.? Keinen, also müssen die Werbenden uns anders verführen, mal brachial, ambig, an der Grenze zum Sexismus, lustig oder dem Zeitgeist entsprechend.

Was ich subjektiv wirklich peinlich bis sinnfrei finde, sind z.B.

- diese Werbespots für "Activia"-Joghurts, wo einem mehr oder weniger prominente Personen verraten, was sie essen, wenn sie sich "aufgebläht" fühlen. Weil man das ja auch wissen will... :wacko:

- Werbung mit David Beckham, der mit Schlüpfern bekleidet herumrennt und seine Tätowierungen in die Kamera hält. Da würde ich am liebsten immer rufen: "Bitte zieh dich an, keiner will wissen, was du drunter trägst!". :pinch:

- Es gab doch eine Weile für irgendein bestimmtes Haarshampoo, zu sehen eine Frau unter der Dusche, die vor Begeisterung an diesem Shampoo Laute ausstößt, die ich aus Höflichkeit vor jüngeren Mitlesern undefiniert lasse. Noch plumper "sex sells" ging wohl nicht, denke ich.

- Auch herrlich, diese blöde Werbung von irgendwelchen Plüschtieren, die Werbung für Toilettenpapier machen. Flauschige Viecher, allen voran der grenzdebile Bär, die sich am Toilettenpapier reiben, die Augen verdrehen und das Toilettenpapier in Richtung Kamera halten - dagegen sind die "Teletubbys" und "Chipmunks" regelrechte Hochschüler.

Ich stoppe mal, sonst mutiere ich noch zum Werbe-Hassteufelchen. Wo wir aber schon dabei sind, welche Werbung nervt euch richtig?

@Seelensturm: Ich hatte schon "freundliche" Post erhalten , weil ich irgendwann vor ca. 2 Jahren schon einmal irgendwo gesagt hatte, dass ich keinen Schwächeanfall erleide, wenn ich einen Brad Pitt sehe oder die Herrenriege, die gerne also besonders toll, sexy etc. gehandelt wird. Es hieß sinngemäß, ich müsste die Augen mal aufmachen und genauer hinsehen, wobei ich dachte, dass ja das genau das Problem ist. Nun ja, jedem das seine und hey, noch gibt es ja im cls-design kein Ranking über die anwesenden Herren, wo wir Mädels mal abstimmen sollten...

Ich bin gerade wirklich begeistert über eure Rückmeldungen und Antworten, wir müssen bitte unbedingt weitersprechen, ja?

Wenn ich "Sexismus" als Begriff in die Runde werfe - wem würde man das intuitiv eher unterstellen - Frauen oder Männern?

Ich tippe forsch, die meisten Leute würde in Richtung der Männer schielen und das gab es auch in literarischer Hinsicht beim Thema, wer die bessere erotische Literatur schreiben würde (ich weiß nicht, ob euch das Thema interessiert, wenn ja, sagt es, ich kann gerne ausholen, möchte euch nur nicht langweilen oder zu trocken klinken). Intuitiv dachten also die Befragten, Männer würden besser schreiben, interessant ist, mit Ausnahme des Fachpersonals kann kaum einer erotische Literatur dem Geschlecht zuordnen, also ob der Verfasser weiblich/männlich war (es gibt stilistische Merkmale, aber das haben die Befragten entweder nicht gewusst oder konnten es nicht eindeutig zuordnen). Als dann Textpassagen gelesen und bewertet werden sollten, haben die Autorinnen besser abgeschlossen und das, obwohl auch Vertreterinnen der realistischen Note dabei waren (realistisch heißt, die Beschreibungen waren also bewusst umgangssprachlich bis plastisch und ordinär gehalten). Was heißt das nun? Alles und nichts, zumindest aber, das Frauen natürlich auch bewusst klischeehaft texten können.

Ob diese besagte Shampoo-Werbung von einer Frau gemacht wurde, weiß ich ad hoc auch nicht, da müsste man wirklich nachforschen, aber wäre es undenkbar? Ich denke, Seelensturm, neben dem Marketingaspekt-Einwurf von Netzwerg typisisieren und sexualisieren Frauen doch auch Männer. Bei Männerparfum-Werbung werden doch oft Männermodels gezeigt, die mindestens einen nackten Oberkörper aufweisen, gerne eine plakative Form der Männlichkeit aufweisen (Statur, Bart, Muskeln...) und das Parfum so anpreisen, dass das tendenziell mehr Frauen anspricht, oder? Wenn Männer diese Werbung ansehen und Frauen - was passiert dann mental? Es dürften komplett unterschiedliche Wahrnehmungsfokussierungen ablaufen und interessant wäre auch zu wissen, ob wirklich mehr Männer besagte Parfums kaufen oder Frauen für ihre Männer.

Zitat von Seelensturm

Ich kenne einige Frauen die sagen solche Werbung würden sie nie machen, denn warum sollte eine Frau eine Werbung machen wo eine andere Frau solche Töne von sich gibt als wenn sie mit irgendeinem Mann im Bett rum turnt? Solche Gedanken bei Duschmittel kommen uns Frauen nicht ausser es sind wirklich völlig verdorbene Frauen die selbst in der Banane nicht die Frucht sehen sondern was anderes was sicher nicht auf dem Baum wächst.

Ich verstehe was du meinst, nur zugleich denke ich, Assoziationen müssen erst einmal nichts mit einem moralisch "verdorbenen" Ethos zu tun haben. Ob Frau oder Mann, die Werbung spielt ja mit Erwartungshaltungen, Zweideutigkeit, gesellschaftlichen Traditionen und ihren Brüchen, Metaphern usw., es kommt auch immer auf den Kontext an und wie gefragt/präsentiert wird. Beispiele:
- In chinesischen Gemälden von Buddha sitzt dieser oft unter einem Bananenbaum und meditiert. Die Deutung der Banane wäre dann nicht erotisch zu lesen, sondern als Symbol für die Vergänglichkeit der irdischen Welt/Güter.
In südeuropäischer Literatur des 18-19 Jh. wird u.a. die Banane als Symbol für Luxus und Wohlstand gesehen.
-I n der arabischen Literatur gibt es die Verweise zur Fruchtbarkeit, auch da nicht rein sexuell zu sehen.

Natürlich, es gibt die Phallus-Analogie, das kann und darf man nicht leugnen, aber wenn wir jetzt einmal von einer nicht übersexualisierten Person sprechen, egal welches Geschlecht, muss die Lesart nicht die sein, die zuerst auftaucht, oder?
Gut, heute sind erotische Werbezüge kein realer Tabubruch mehr, immerhin sieht man auch im Alltag Menschen, die leicht oder provokativ gekleidet sind, bei der Ladeneröffnung einer "Hollister"-Filiale laufen stets Männer mit nacktem Oberkörper herum, dann die diversen Unterwäsche-Plakate für Frauenwäsche und dann gab es doch im Sommer die Aktion eines Shops, der gratis Kleidung anbot, wenn die ersten XX Käufer sich vor dem Laden entkleiden würden. Ich bin mir nicht einmal sicher, ob diese ganze "sex sells"-Masche nicht mittlerweile schon abstumpft und nicht mehr für ein Kopfverdrehen, schmachtende Blicke usw. führt. Wie heißt es noch "weniger ist mehr", ein zu Viel ist dann nicht mehr neu, kein Aufreger, kein Tabubruch, sondern schwimmt eben auf der Welle mit, das meinte ich dann auch mit dem Hinweis, dass ich die Shampoo-Werbung blöd fand. Zu platt, zu subtil, weder Aufreger noch aufregend.